Georgien: Neuer Anlauf gegen "ausländische Agenten"

In Georgien gibt es Massenproteste gegen die Annahme eines Gesetzes über "ausländische Agenten", das ausländisch finanzierte Institutionen brandmarken soll. Im März 2023 hatten Proteste gegen ein ähnliches Gesetzvorhaben schließlich zu dessen Rücknahme geführt. Kommentatoren beleuchten die Hintergründe und erkennen Parallelen zur Entwicklung in Russland.

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Ukrajinska Prawda (UA) /

Sogar Beziehungen zur EU werden aufs Spiel gesetzt

Die langjährige Regierungspartei Georgischer Traum steht unter Druck, analysiert Ukrajinska Prawda:

„Die gängigste Erklärung ist, dass das Gesetz, das die Kontrolle über den öffentlichen Sektor und unabhängige Medien ermöglicht, gebraucht wird, um sich den Sieg bei den Parlamentswahlen am 26. Oktober zu sichern. Zum ersten Mal werden diese Wahlen ohne Direktmandate abgehalten, bei denen die Regierungspartei immer gewonnen hatte. Deshalb wird der Wahlsieg für Georgischer Traum diesmal schwieriger als früher. ... Der Machterhalt (es sei daran erinnert, dass Georgischer Traum seit fast zwölf Jahren an der Macht ist) ist das wichtigste Ziel der Partei. Und dafür ist man bereit, sogar die Beziehungen zur EU zu opfern.“

Katerina Kotrikadze (RU) /

Am Anfang klingt alles ganz harmlos

Die im Exil lebende Doschd-Journalistin Katerina Kotrikadze warnt auf Facebook:

„Dank der russischen Erfahrungen verstehen die Menschen in Georgien sehr gut, wohin ein 'Gesetz über ausländische Agenten' führt und wozu es gebraucht wird. Lassen Sie mich kurz rekapitulieren: Die russische Staatsmacht hatte auch uns versprochen, dass nichts Schreckliches passieren würde, dass das Gesetz lediglich für 'Transparenz' sorge und niemand daran hindere, in Russland zu arbeiten oder zu leben. ... In Russland gibt es heute kein einziges großes unabhängiges Medium und keine einzige internationale Menschenrechtsorganisation mehr. Das war das Ziel der russischen Behörden, als sie behaupteten, das Gesetz über ausländische Agenten sei nur eine Kleinigkeit.“